Vermögen: Vermögenspolitik

Vermögen: Vermögenspolitik
Vermögen: Vermögenspolitik
 
Vermögenspolitik dient im allgemeinen Verständnis der Herstellung einer gerechteren Vermögensverteilung. Ob und wann eine gegebene Verteilung gerecht oder ungerecht ist, bemisst sich nicht nach wissenschaftlichen Kriterien. Gerechtigkeit der Verteilung folgt aus einem Werturteil, das jede Gesellschaft für sich zu treffen hat. Die ökonomische Aufgabe besteht darin, wirksame Instrumente der Vermögenspolitik zu finden, die eine gerechtere Verteilung möglichst kostengünstig erreichen.
 
Theoretisch lässt sich Vermögen als Ausdruck der individuellen Startchance in der modernen Industriegesellschaft begreifen. Eine gerechtere Vermögensverteilung dient in diesem Sinne einer Angleichung der Startchancen im Wettbewerb. Demgegenüber steht die reale Vermögenspolitik in sozialen Marktwirtschaften wie der der Bundesrepublik. In Deutschland orientiert sich Vermögenspolitik mehr an der Bedarfsgerechtigkeit. Vermögen soll dort aufgebaut werden, wo niedrige Einkommen keinen nachhaltigen Vermögensaufbau zulassen. Die damit implizierte Umverteilung wird unterstützt durch die Fiskalpolitik: Der progressive Steuertarif belastet höhere Einkommen stärker als niedrige. Gleichzeitig fördert der Staat bestimmte Formen des Vermögens stärker als andere. Dazu gehört das Wohneigentum oder seit Beginn der 80er-Jahre das Produktivkapital.
 
 Vermögen in der Bundesrepublik Deutschland
 
Vermögen ist die Summe der Aktiva vermindert um die Summe der Passiva einer Person zu einem bestimmten Zeitpunkt. Zum Vermögen privater Haushalte zählt: Geldvermögen einschließlich Beteiligungen am Produktivkapital, Immobilienvermögen sowie Gebrauchsvermögen. Prinzipiell gehören auch Ansprüche gegen die staatliche Sozialversicherung dazu, doch lassen sich diese schwer quantifizieren. Wohnungsvermögen macht etwa die Hälfte des Vermögens der privaten Haushalte aus. Die anderen 50 % verteilen sich zu etwa einem Viertel auf Gebrauchs- und zu drei Vierteln auf Geldvermögen. Seit Bestehen der Bundesrepublik hat sich die Struktur des Geldvermögens privater Haushalte stark verändert. Immer weniger Geld wird in traditionellen Sparformen wie z. B.dem Sparbuch gehalten. Dagegen steigt die Anlage in Wertpapieren, die eine höhere Verzinsung tragen. Auch eine stärkere Vorsorge für das Alter in Form von Lebensversicherungen ist zu beobachten. Die Aktie verlor im Laufe der Zeit kontinuierlich an Bedeutung im privaten Vermögensbestand und wird erst in neuerer Zeit attraktiver.
 
 Effektivität der Vermögenspolitik?
 
Instrumente der Vermögensumverteilung sind die Erbschaftsteuer und die 1996 abgeschaffte Vermögensteuer. Die Erbschaftsteuer besteuert zwar wie die Vermögensteuer die Vermögenssubstanz, doch dürfte die durch sie veranlasste Umverteilung eher innerhalb der mittleren bis höheren Einkommensklassen stattfinden. Auch der Lastenausgleich, der nach 1945 aufgrund der ungleichen Verteilung der Kriegsschäden initiiert wurde, verteilte nicht das Vermögen neu. Denn ein Großteil der Leistungen war als Einkommensbeihilfe konzipiert. Vermögensumverteilung findet daher vor allem in der Form statt, dass die Neubildung von Vermögen staatlich gefördert wird. Hauptinstrument der Vermögensbildung ist die Sparförderung durch Steuer- bzw. Prämienbegünstigung. Im Rahmen von §10 Einkommensteuergesetz (EStG) können Versicherungsprämien als Sonderausgaben vom steuerpflichtigen Einkommen abgesetzt werden. Seit dem Wohnungsbauprämiengesetz (1952) werden auch direkte staatliche Zuzahlungen zu Bausparverträgen gewährt (Bausparprämie). Das Fünfte Vermögensbildungsgesetz gestattet Arbeitnehmern mit einem Einkommen von höchstens 35000 DM (Ledige) bzw. 70000 DM (Verheiratete), eine staatliche Arbeitnehmersparzulage von 10 % der vermögenswirksamen Leistung, die maximal 936 DM jährlich betragen darf. Dies gilt für die Anlage in Bausparverträgen. Bei Anlage in Produktivkapital schießt der Staat zusätzlich 20 % (Ostdeutschland 25 %) bis zu einer Sparsumme von jährlich 800 DM zu. Mit diesen Maßnahmen soll die individuelle Sparneigung erhöht werden, um den Haushalten z. B.eine bessere private Absicherung im Alter oder eine zusätzliche Einkommensquelle zu geben. Leider ist die Effektivität dieser Maßnahmen nicht eindeutig zu bewerten. Denn zu untersuchen wäre, inwieweit die Förderung eine zusätzliche Ersparnis neben der schon geplanten hervorgerufen hat. Zudem ist bei der steuerlichen Förderung eine echte Umverteilung zu bezweifeln. Denn die Sparfähigkeit ist bei niedrigeren Einkommen oft gering.
 
Prinzipiell ist daher die Prämienförderung das bessere Instrument. Gleichwohl ist auch hier die Effektivität in Form zusätzlicher Ersparnis schwierig zu beurteilen. Um die Effizienz der staatlichen Vermögenspolitik zu bewerten, sind schließlich die dafür aufgewendeten Kosten zu berücksichtigen. Sie setzen sich aus direkten Zuschüssen und indirekten Einnahmeausfällen durch Steuererleichterungen zusammen.

Universal-Lexikon. 2012.

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